Sonntag, 22. September 2013

Kapitel 9 - You're not here

Kapitel 9 - You're not here

Imogene trat in den Raum ein. Die flackernden Kerzen hüllten alles in eine gruselige Atmosphäre. Gene blickte zurück, da fiel die Tür schon ins Schloss und sie hatte das Gefühl, dass sie hier nicht wieder rauskam. Was es nicht besser machte, aber sie ließ es gleich bleiben.
Die Schatten an der Wand machten der jungen Malfoy Gänsehaut, erinnerten sie an die Monster, vor denen sie eben noch geflohen war.
“Warum bin ich hier? Und wie bin ich hergekommen?”, fragte sie mit zitternder Stimme und blickte starr nach vorne, doch erkennen konnte sie kaum etwas, nur Umrisse. Umrisse, die sehr beunruhigend waren.
“Du musst keine Angst haben, Liebes. Ich will dir nichts Böses”, meinte die Stimme wieder in lockendem Tonfall. Imogene blieb misstrauisch. Aber andererseits, eine andere Wahl hatte sie ohnehin nicht. Raus konnte sie nicht und wenn sie nur rumstand, würde sich auch nichts ändern. Oh hätte sie nur ihren Zauberstab bei sich.
Obwohl sie definitiv Angst hatte, versuchte sie sich davon nichts anmerken zu lassen, kratzte ihren Mut zusammen und schritt nach vorne.
Mit jedem Schritt wurde ihr mulmiger zumute. Das war gar nicht gut, wirklich nicht. Je weiter sie nach vorne lief, desto heißer war es in dem Raum, fast so, als würde sie sich einem Vulkan nähern, die Luft war ebenso erdrückend wie heiß.
Das Herz schlug ihr bis zum Hals und sie hatte erneut das Gefühl, dass ihr Magen sich umdrehte. Durch den Kerzenschein konnte sie nun etwas deutlicher die Gestsalt vor sich sehen, aber das war eindeutig nichts Gutes. Es war eine Frau, das war klar, doch sie war sehr verunstaltet. Ihre linke Gesichtshälfte sah aus, als wäre sie vor einigen Jahren verbrannt. Es wirkte fast so, als würden noch Hautfetzen von ihrer Wange hängen.
Ihr linkes Auge schien aus Glas zu sein, milchig, doch fast durchsichtig. Ihre rechte Gesichtshälfte war von Narben übersät, die von Flüchen stammen könnten. Langes, schwarzes Haar hing in wirren Strähnen über ihre Schultern hinab. Imogene schauderte, war jedoch gleichzeitig wie gebannt von dem Anblick, der sich ihr bot. Es war wie bei einem Autounfall- man wollte nicht hinsehen, aber wegsehen konnte man auch nicht. Unauffällig musterte die Blondine die Gesichtszüge eingehender und kam nicht umhin eine gewisse Ähnlichkeit zu einer Frau festzustellen, die sie auf einem Foto ihrer Großmutter gesehen hatte. Aber das war vollkommen unmöglich. Die Frau war tot.
Mit immer noch schnell schlagendem Herzen erhob Gene nun ihre Stimme wieder: “Wer sind sie? Und..wie bin ich hergekommen?” Obwohl die dunkelhaarige Frau ein Lächeln auf den Lippen trug - zumindest nahm die Malfoy an, dass es ein Lächeln sein sollte- wirkte ihre ganze Miene durch und durch bösartig. Eine ebenso vernarbte Hand klopfte auf den Stuhl neben sich: “Setz dich doch, dann will ich dir erzählen, was du wissen möchtest.” Imogene sah sie kritisch an, schüttelte dann aber entschieden den Kopf.
“Nein, ich bleibe lieber stehen. Danke”, fügte sie höflich hinzu, obgleich sie sich nicht sicher war, ob Höflichkeit überhaupt angebracht war. Aber ihre Erziehung blieb eben selbst in solchen Momenten vorhanden. Das Gesicht der Frau verzog sich zu einer spöttischen Grimasse, doch sie beharrte nicht weiter darauf: “Nun..sei es wie es wolle. Wer ich bin hat dich nicht zu kümmern, Kleine. Auch wie du hergekommen bist, ist unwichtig. Du bist hier, weil ich deine Hilfe benötige.” Imogene löste ihre verschränkten Arme und musterte ihr Gegenüber mit einer Mischung aus Verwirrung und Fassungslosigkeit, doch sie bekam kein Wort über ihre Lippen. Wieso sollte ausgerechnet sie ihr helfen, bei was auch immer? Sie kannte diese Frau nicht und bezweifelte, dass es umgekehrt anders war. Sie wollte hier raus und zurück nach Hogwarts, oder besser noch, aus diesem Alptraum aufwachen. Die Hitze machte ihr zu schaffen, ihr war schwindelig und sie fühlte sich, als würde sie leicht schweben. Vielleicht Nachwirkungen der Medikamente?
“Du zweifelst? Du kennst mich vielleicht nicht, aber ich weiß alles über dich, Kindchen”, unterbrach die rauhe Stimme Imogenes Gedanken, ehe es zu einem irre klingenden Lachen wurde. Die Malfoy wich zurück und stolperte, landete auf dem Boden. Dieser war ebenso heiß und hinterließ gleich Verbrennungen auf ihren Handflächen. Zischend sprang Imogene auf und besah sich ihre Hände. Dunkle Striemen des vergitterten Bodens zeichneten sich auf ihre Haut ab und schmerzten. Ihre stahlblauen Augen wandten sich wieder der Frau vor sich zu: “Ich wüsste nicht, warum ich etwas tun sollte, das ihnen zugute kommt. Sie führen sicherlich nichts Gutes im Schilde!” Es war ganz sicher keine gute Idee, sich so zu verhalten, aber sich dieser Irren gefügig zu machen noch weniger! Trotz der ansteigenden Hitze lief ihr ein eiskalter Schauer über den Rücken, als sich ein Ausdruck auf dem Gesicht der Frau zeigte, der definitiv nichts Gutes verhieß, wenn nicht sogar etwas maßlos Bösartiges.
“Du hast doch gar keine Wahl!”, rief sie aus und streckte ihre Hand aus, eine nicht vernarbte, jedoch sehr knochige Hand. In ihr lag ein Zauberstab, der einem Skelettfinger glich. Voller Furcht weiteten sich Imogenes Augen und sie machte einen Schritt rückwärts.
*~*~*
Atemlos kam Albus wieder am See an. Er hatte sich im Wald umgesehen und musste letztendlich vor einer aufgewühlten Horde Acromantulas fliehen, die ihm glücklicherweise nicht gefolgt waren. Nach Atem ringen ließ er sich auf den Boden fallen und strich sich unruhig durchs Haar. Er hatte keine Spur von Imogene gefunden und hoffte, deren Geschwister hatten mehr Erfolg zu vermelden.Was machte er sich überhaupt solche Sorgen um das Mädchen, das er kaum kannte? Es war immerhin gut möglich, dass es sich hier einfach um einen Streich von Aranea und Scorpius handelte. Andererseits hatte auch deren Sorge echt gewirkt. Im Grunde traute er nichtmal ihnen zu, sich sowas auszudenken.
Das näher kommende Knirschen von Schritten holte ihn aus seinen Überlegungen. Aranea kam auf ihn zu, doch ihre Miene sprach auch nicht grade von einem Erfolg.
“Also hast du auch nichts gefunden”, stellte er fest, ohne dass sie etwas sagen musste. Die Malfoy schüttelte den Kopf: “Sie kann doch nicht vom Erdboden verschluckt worden sein! Und einfach zu verschwinden sieht ihr überhaupt nicht ähnlich.”
Al nickte kurz und starrte schweigend auf die Wasseroberfläche, wo sich ihre Gesichter spiegelten. Wo konnten sie noch nachsehen? Im selben Moment kam ein Memo von Scorpius mit der Frage, ob sie schon was gefunden hatten.
“Wir sollten zu deinem Bruder gehen und uns zusammen überlegen, was wir noch tun sollen”, schlug der Potter vor und erhob sich. Den Zettel schob er in seine Hosentasche und ohne auf eine Antwort der Malfoy zu warten, setzte er sich in Bewegung. Aranea folgte ihm schweigend.
Sie drängten sich vorbei an lärmenden Fünftklässlern, zwei streitenden Slytherins, einem mit sich selbst diskutierendem Mädchen und am Hausmeister, der versuchte das Chaos irgendwie zu regeln. Albus überkam der Wunsch ihm zu helfen und so schickte er Aranea voraus, um dem armen überforderten Hausmeister unter die Arme zu greifen. Dabei griff er ein paar Aussagen auf, die ihn ziemlich verwirrten. Was faselten die da von einem Verschwindekabinett? Das war doch beim Brand vor dreiundzwanzig Jahren verbrannt. Er behielt das erstmal im Hinterkopf und entschied sich, später nochmal genauer nachzuforschen. Jetzt gab es weitaus wichtigere Dinge als irgendwelche Spekulationen.
Der Hausmeister bedankte sich überschwänglich, doch Albus winkte nur ab und sah zu, dass er weiterkam. Bei den Geschwistern angekommen, fand er diese schon in ein Gespräch verwickelt vor, das er dann einfach mal unterbrach: “Ich muss euch etwas erzählen. Eben habe ich gehört, dass das Verschwindekabinett wieder aufgetaucht sein soll. Vielleicht hängt das mit Imogenes Verschwinden zusammen?”
Die beiden Malfoys starrten ihn an wie Autos, ehe Scorpius schon in Gelächter ausbrach. Dann klopfte er Albus auf die Schulter: “Ich weiß ja nicht, was du geraucht hast, aber das Verschwindekabinett gibts schon lange nicht mehr!” Al sah ihn finster an und murmelte etwas von wegen, dass er das auch wüsste.
“Sollen wir nicht noch mal im Krankenflügel nachsehen? Vielleicht war sie ja auch nur kurz draußen und ist wieder zurück gekommen”, unterbrach Aranea das Gespräch, bevor es zu einem Streit eskalierte. Gegen einen solchen hätte sie eigentlich nichts, aber zuerst wollte sie ihre Schwester finden.
Schweigend stimmten ihr die Jungs zu und so gingen sie wieder runter. Dabei hielten sie alle drei Ausschau nach irgendwelchen Anzeichen, aber sinnlos. Als sie den Krankenflügel betraten, erstarrten sie zu Salzsäulen. Da lag Imogene auf dem Bett, doch sie wirkte anders. Ihre Haut hatte einen wächsernen Glanz, ihr Gesicht war auf kranke Weise blass. Aranea stürzte sofort zu ihrer Zwillingsschwester: “Imogene! Bist du okay? Wo warst du?”
Wie in Zeitlupe wandte sich das Gesicht der jüngsten Malfoy ihrer Schwester zu und Nea erschrak über die Ausdruckslosigkeit ihrer Augen. Ein puppenhaftes Lächeln legte sich auf Imogenes Lippen: “Alles okay. War nur müde.”
Scorpius und Albus wechselten einen verwunderten Blick. Irgendetwas musste passiert sein. Irgendetwas stimmte definitiv nicht.

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