Sonntag, 22. September 2013

Kapitel 10 - Bulletproof Skin

Kapitel 10 - Bulletproof Skin


 
November
Sie stand auf einem Hügel, der Wind blies ihr das lange schwarze Haar ins Gesicht. Ihr kalter, ausdrucksloser Blick war auf das Schloss unter sich gerichtet, lediglich eine verzerrte Grimasse zeugte von einer Art erfreutem Grinsen. Alles lief nach Plan und ihre kleine Helferin machte sich ausgezeichnet, trotz ihrer anfänglich widerstrebenden Art. Hochwohl geboren, zweifelsohne, doch ebenso leicht zu beeinflussen. Und durch und durch das selbe Blut.
Es war schon beinahe eine Schande, ihre Fähigkeiten nur dafür zu nutzen, doch fürs erste musste es reichen. Sie hatte sich schon zuviel gewagt und wenn jemand sie erkannte, würden ihren Pläne wie ein Kartenhaus zusammenfallen.
Ein Kichern lenkte die Aufmerksamkeit der Frau nach oben und sie erkannte Peeves, den Poltergeist aus Hogwarts. In diesem Moment war es wohl gut, dass ihr Gesicht so entstellt war, denn trotz ihrer tief ins Gesicht gezogenen Kapuze konnte man dieses ab und an hervorblitzen sehen. Der Geist schien sie nicht zu bemerken und bewarf ein paar Erstklässler mit Wasserbomben, die sich kreischend versuchten davor zu schützen. Es war Zeit, aufzubrechen, erstmal.
*~*~*
Imogene saß auf der Tribüne des Quidditchplatzes und starrte auf das Feld hinab. Die Hände hat sie tief in den Jackentaschen vergraben. Aus irgendeinem Grund wollte sie unbedingt die Auswahlspiele für die anderen Häuser sehen. Wobei es für Ravenclaw einen ganz offensichtlichen Grund gab- Albus Potter. Seit ihrer seltsamen Traumerfahrung hatte sich ihr aufblühendes Verhältnis ganz rasch wieder abgekühlt und jetzt waren sie sich ferner als je zuvor. Dennoch hatte die Malfoy nicht das Interesse an ihm verloren, es war gewachsen. Sie war doch wirklich töricht genug, jemanden zu lieben, der sie ignorierte. Dabei hatte sie in den letzten Wochen das Interesse von so manchem Jungen auf sich gezogen.
Seufzend strich sie sich ihr blondes Haar aus dem Gesicht und verfluchte das windige Wetter. Da kamen sie, die Mannschaft von Ravenclaw und die Menschen, die sich ins Team spielen wollten. Wie magnetisch fiel Imogenes Blick sofort auf Albus, obwohl es in dieser Höhe nicht leicht war, die Spieler auseinander zu halten. Doch Al zog sie mit einer Intensität an, die sie nicht erklären konnte. Auch wenn es dieses Mal vielleicht daran lag, dass er als Mannschaftskapitän die Truppe anführte. Als er kurz zur Tribüne hochsah, errötete sie sofort, obwohl er sie gar nicht direkt ansah. Schließlich war sie nicht die einzige Neugierige, sondern überall hatten sich Leute verstreut.
Und dann stand sie plötzlich im Slytherin Gemeinschaftsraum. Verwirrt blinzelte sie und sah sich um. Sie hatte keine Ahnung, wann und wie sie dorthin gekommen war und was sie dazwischen getan hatte. Als sie sich die Haare aus dem Gesicht strich, fiel ihr auf, dass sie keine Jacke mehr trug und auf ihrem Unterarm sich ein blauer Fleck, oder besser gesagt, mehrere blaue Flecken abzeichneten. Wie Fingerabdrücke. Irritiert runzelte sie die Stirn: “Was in Merlins Namen..?”
“Imogene!”, die Stimme ihres Bruders Scorpius riss sie aus ihren Gedanken und sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf diesen, “Wo zum Henker bist du plötzlich abgeblieben? Ich dachte, du willst ins Quidditchteam!”
Oh. Verdammt. Deshalb war sie ja eigentlich so früh auf dem Platz gewesen. Um das anschließende Auswahltraining ihres Hauses nicht zu verpassen. Zu spät, ganz eindeutig. Das sonst so ebenmäßige Gesicht ihres Bruders war von Wut verzerrt, blanke kalte Wut. Die Geschwister waren sich einander nie sonderlich nah, doch dass sie das Versprechen gebrochen hatte, dem Team beizutreten, ließ selbst Scorpius aus der Haut fahren. Immerhin war sie eine der besten Jägerinnen der letzten Jahre.
“Es tut mir leid”, gab die Jüngere kleinlaut von sich, wie aus weiter Ferne hörte sie ihre eigene Stimme. Es war, als würde sie unter Wasser sein, doch sie wusste nicht, woher dieses Gefühl rührte. Tat es ihr wirklich leid? Oder war sie sogar froh darüber? Oh, ihr Kopf tat so weh.
“Es tut dir leid?!”, echote Scorpius und rückte so nahe an sie heran, dass ihre Nasenspitzen sich fast berührten, während sein Blick sie bedrohlich fixierte, “du bist verdammt nochmal die beste Jägerin, die unser Haus im Moment zu bieten hat und du hast das Auswahltraining saußen lassen! Wir mussten Miranda Fletcher für den Posten einsetzen!”
Einen Augenblick lang entgleisten der Malfoy die Gesichtszüge vor Fassungslosigkeit, ehe sie ein spöttisches Lächeln zeigte: “Oh ich bitte dich, Scorpius. Als ob das so schrecklich wäre. Ihr sabbert ihr doch alle hinterher wie verdurstende Hunde.”
Scorpius’ Augen verengten sich zu Schlitzen und sein Blick wurde so eisig, dass selbst Imogene ein Schauer durchfuhr: “Es sind nicht alle so unterbelichtet wie du denkst, kleines Mädchen. Du bist doch diejenige, die dem jüngeren Potter hinterher sabbert wie sonst etwas, nicht wahr? Und das, wo du doch schon längst verlobt bist.”
Mit einem süffisanten Grinsen richtete sich der Ältere wieder auf und schob die Hände in seine Hosentaschen, mit einem Anflug von Genugtuung registrierte er die verlegen und gleichzeitig erschütterte Miene seiner jüngeren Schwester. Genauso war es ihm vorhin ergangen, als man gefragt hatte, wo seine Schwester abgeblieben war. Geschah ihr recht.
Imogene blinzelte sich Tränen aus dem Augenwinkel und rang um Fassung. Das war nicht fair! Sie konnte schließlich nichts für den Mist mit der Verlobung! Nach einem tiefen Atemzug hatte sie sich wieder beruhigt und war in der Lage, ihm zu antworten: “Wenigstens hüpfe ich nicht von einem Bett zum nächsten.” Damit wandte sie sich von ihm ab und war plötzlich ziemlich froh darüber, nicht mehr dem Quidditchteam anzugehören.
*~*~*
Albus verließ die Dusche und trocknete sich ab, ehe er in bequeme Sportklamotten schlüpfte. Das Auswahlspiel war zu seiner vollen Zufriedenheit abgelaufen und das Team war wirklich gut gewählt. Zumindest eine Sache lief nach Plan. Seit der gehetzten Suche nach Imogene und ihrem plötzlichen Wiederauftauchen, war er ein wenig durcheinander. Nicht nur von der Sache selbst, sondern auch, weil sie sich so verändert hatte. Sie wirkte um einiges reservierter und kühler, erwachsener. Und das machte irgendwie keinen Sinn. Deshalb hatte er sich von ihr distanziert, um sie aus er Ferne zu beobachten und sich irgendwann einen Reim darauf machen zu können. Bisher ohne Erfolg. Stattdessen erwischte der dunkelhaarige Potter sich öfter dabei, sich mit Scorpius zu unterhalten, was schon ein ziemlich seltsamer Umstand war.
Er machte einen kurzen Abstecher in sein Zimmer, um den Besen abzustellen, als ihm ein Gegenstand auf seinem Bett ins Auge fiel. Mit einem Stirnrunzeln trat der Potter näher und erkannte eine kleine silberne Box. Wie kam die denn hier hin? Ein ungutes Gefühl beschlich ihn, doch gleichzeitig wuchs auch die Neugier. Argwöhnisch hob er den Zauberstab und richtete ihn auf die Box, während er sich daneben nieder ließ. Vorausschauend zog er sich Handschuhe über, er hatte noch sehr gut im Gedächtnis, was sein Vater von der verfluchten Halskette erzählt hatte. Vorsichtig schob er den Deckel ab und war fast schon enttäuscht, dass die Box außer einer roten Samtpolsterung leer war. Dann drang eine Melodie an sein Ohr, die anscheinend von der Box ausging, sich aber anhörte, als hätte sie keinen Ursprung. Ehe Al sich versah, hatte die Melodie Besitz von ihm genommen. Sie ergoss sich in schweren, dunklen Wellen über ihn und obwohl es ihm widerstrebte, fühlte er sich außer Stande sich aus ihrem Griff zu entreißen. Er spürte, wie sein Wille immer kleiner wurde und schließlich in den Tiefen seiner selbst versank. Die Musik hörte so abrupt auf, wie sie angefangen hatte und der Potter fühlte sich, als würde er aus einem Traum erwachen. Verwirrt starrte er auf die Box hinab und klappte den Deckel zu. Ein mulmiges Gefühl lag schwer wie Blei in seinem Magen und er musste das Fenster aufreißen, um etwas frische Luft ins Zimmer zu lassen. Langsam erwachte er aus dem tranceähnlichen Zustand. Was hatte er noch gleich wollen? Er sah sich in seinem Zimmer um und zuckte die Schultern. Konnte nicht so wichtig gewesen sein. Sorgsam griff er nach der Box und schob sie unter sein Bett, irgendetwas sagte ihm, dass nur er sie haben sollte und niemand sonst. Es war sein Eigentum.
Wie ferngesteuert verließ er das Zimmer und streifte durch die Flure, auf die Suche nach dieser einen Person. Er wusste nicht, wer es war, doch er wusste, dass er sie erkennen würde, wenn er vor ihr stand.
*~*~*
“Das kann doch nicht dein Ernst sein!”, hallte es von den Wänden wieder und Lily Potter starrte ihrer Freundin Imogene fassungslos ins Gesicht. Die Malfoy zuckte nur die Schultern. Gerade hatte sie der Rothaarigen offenbart, dass sie deses Jahr wohl nicht im Quidditchteam sein würde und auch noch froh darüber war. Für Lily war das etwas absolut Unverständliches, was sie mit ihrer Miene auch noch unterstrich.
“Ich glaube, die Schwärmerei für meinen Bruder hat dir das Hirn weggeschmolzen”, fügte die Potter kopfschüttelnd hinzu, woraufhin die Blondine ein Lachen erklingen ließ.
“Sagt gerade die, die meinem Bruder hinterherläuft. Ernsthaft, Lily. Was findest du an Scorpius? Er ist widerlich und ein Idiot”, fragte Gene ernsthaft interessiert und blätterte die Seite in ihrem Buch um. Einen Moment lang blickte ihre Freundin sie nachdenklich an und fragte sich, seit wann Imogene so anders geworden war. Bis vor wenigen Wochen hatte sie nur gut über andere Menschen geredet und auch in jedem etwas Gutes gefunden.
“Vielleicht stehe ich ja auf widerliche Idioten”, gab die Rothaarige schließlich zur Antwort und sah sich kurz um. Ihr war nicht gerade warm hier draußen und da half ihr auch nicht ihr Umhang drüber hinweg. Aber ihre beste Freundin hatte ja unbedingt hier rausgemusst.
“Dann kannst du mir nur leid tun”, kam es von eben dieser, “außerdem, ein Malfoy und eine Potter? Ich bitte dich, das ist vollkommen unwahrscheinlich.” Damit stach sie nicht nur ihren Bruder und Lils aus, sondern auch Albus und sich selbst. Das waren Dinge, die niemals in Erfüllung gehen würden, ganz unabhängig davon, ob die Beteiligten es wollten oder nicht. Es war wie ein ungeschriebenes Gesetz in der Zaubererwelt und ein Bruch dieses Gesetzes würde zu einem Familienkrieg großem Ausmaßes führen. Da machte selbst die junge Malfoy sich nichts mehr vor. Aber scheinbar war es ja Gang und Gebe sich in den Feind zu verlieben. So wie sie auch von ihrer Schwester wusste, dass sie für einen Weasley Jungen schwärmte.
“Seit wann bist du so pessimistisch?”, fragte Lily argwöhnisch, doch bevor Imogene etwas erwidern konnte, flog direkt neben ihnen ein Felsen in die Luft. Erschrocken wandten sich die Mädchen um und sprangen auf die Beine, als Miranda Fletcher sich ihnen näherte. Das süffisante Grinsen auf ihrem Gesicht wurde nur von dem Spott überdeckt, der aus ihren Augen strahlte: “Da ist ja die kleine Versagerin Malfoy in Begleitung der widerwärtigen Potterbrut. Warst dir wohl zu gut, um beim Auswahltraining anzutreten, was?”
Imogene ballte die Hände zu Fäusten und funkelte Miranda an: “Ist doch gut für dich! So hat sich dein Rumgebumse in der Weltgeschichte ja mal bezahlt gemacht!”
Sowohl Lily als auch Miranda warfen der Blonden einen überraschten Blick zu, doch während Lily anfing zu lachen, zeichnete sich auf dem Gesicht der Fletcher ein Ausdruck von Ärger ab, gepaart mit Hohn: “Ich spiele so gut, da war das nur eine kleine Nebenbeschäftigung. Und Scorpius macht sich übrigens ausgezeichnet im Bett.” Der Seitenhieb traf Lily mehr als Imogene und nun wurde auch sie ziemlich wütend, verbiss sich aber jegliches Kommentar.
“Schön, dass du dich so weit herablassen musst, eine männliche Hure zu vögeln, Fletcher”, gab Gene spöttisch von sich. Die Malfoy fühlte sich irgendwie gut, endlich mal das zurück zu geben, was sie sonst wortlos über sich ergehen ließ. Obwohl es sie gleichzeitig auch wütender machte. Doch, was solte das schon? War doch egal, sie durfte sich auch einmal gehen lassen.
Miranda blieb der Atem weg und Fassungslosigkeit lag in ihrem Blick. Lily und Imogene grinsten triumphierend, was sie aber gleich bereuten. Die ältere Slytherin wurde sich ihrer Machtlosigkeit bewusst, was das Wortgefecht anging und sie zog so schnell ihren Zauberstab, dass die jüngeren Mädchen das gar nicht realisierten. Das spöttische Grinsen kehrte auf Mirandas Gesicht zurück: “Petrificus Totalus!” Unwillkürlich klappten Lily und Imogene zusammen und lagen regungslos auf dem Boden. Rot und Blond vermischten sich mit dem Braun des Bodens und Miranda wandte sich boshaft lachend von ihnen ab: “Das nächste Mal solltet ihr eure Mäuler nicht so weit aufreißen, Kinder.”

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