Sonntag, 22. September 2013

Kapitel 11 - Words on Signs

Kapitel 11 - Words on Signs

Es verging eine ganze Weile, bis jemand an Lily und Imogene vorbeikam, die regungslos auf dem gefrorenen Boden lagen. Letztendlich war es sogar Scorpius selbst, der die beiden Mädchen von ihrem Leid erlöste.
Das süffisante Grinsen lag dabei immer noch auf seinem Gesicht, als wäre nichts gewesen, während Imogene ihre steifen und gefrorenen Glieder bewegte, um sie schmerzhaft wieder zum Auftauen zu bringen. Und Lily ging es dabei nicht viel anders. Doch während diese ausschließlich damit beschäftigt war, starrte Imogene ihren Bruder sehr finster an: “Das ist alles deine verdammte Schuld, Scorpius! Miranda hat uns angegriffen, weil du sie im Team aufgenommen hast und du sie flachgelegt hast und-”
Scorp brachte sie zum Schweigen, indem er ihr einen eisigen Blick zuwarf: “Und du warst doch diejenige, die sie provoziert hat, nicht wahr?” Lily ließ ein kleines Glucksen hören, womit sie zeigte, wie amüsiert sie war. Schön, dachte Imogene, dass zumindest eine ihren Spaß hat!
Bei Merlin, manchmal würde es sie wirklich interessieren, was im Kopf ihrer besten Freundin vor sich ging, doch jetzt war ganz definitiv  nicht der richtige Zeitpunkt, um dies in Erfahrung zu bringen.
Als sie ihre Gliedmaßen wieder annähernd spürte, machte sie sich wutschnaubend auf den Weg ins Schloss, ohne ihren Bruder noch einmal mit einem Blick zu bedenken. Lily murmelte diesem jedoch einen kleinen Dank zu, ehe sie Imogene folgte.
“Es war doch wirklich nett von ihm, uns zu helfen”, meinte sie in dem Versuch, die Geschwister zu versöhnen, doch die Malfoy rang sich ein schmales Lächeln dazu ab: “Er hat uns doch nur geholfen, weil er sonst für den Schuldigen gehalten worden wäre.” Die Potter schüttelte fassungslos den Kopf. Früher hätte ihre beste Freundin sowas nicht vom Hocker gelassen, sondern ihr zugestimmt. Ihrer Meinung nach war das eine ziemlich beunruhigende Entwicklung, da Imogene eigentlich sogar dann nett war, wenn sie schlecht drauf war.
“Was ist nur mit dir los?”, fragte die Rothaarige leise und doch laut genug, dass Imogene sie hören konnte. Diese schwieg zunächst eisern und zog die Augenbrauen hoch, ehe sie wieder eins dieser Lächeln sehen ließ, die einem zeigten, dass man nie die Wahrheit erfahren würde: “Ich weiß gar nicht, was du meinst.”
Lily verschränkte die Arme und bedachte sie mit dem typischen Molly Weasley-Blick, doch an Gene prallte er wirkungslos ab. Stattdessen strich sie sich nur unbeeindruckt eine Haarsträhne hinters Ohr und schenkte Lily ein strahlendes Lächeln: “Er hat dich einen Moment lang nicht aus den Augen gelassen.”
Lily lief rot an und stolperte, sagte aber nichts mehr dazu und die Malfoy lächelte zufrieden. Sie wusste doch, wie man eine Lily Potter zum Schweigen brachte.
*~*~*
Narcissa Malfoy stand am Fenster ihres Büros und blickte nachdenklich aus dem Fenster. Ihre Enkelin vereint mit einer Potter zu sehen, war für sie immer noch ein sehr eigenartiger Anblick, den sie aber guthieß. Im Gegensatz zu ihrem Mann hatte sie nichts gegen die Weasleys und Potters. Nicht mehr. Doch sie hatte nicht besonders viel zu sage und dass sie diesen Posten angetreten hatte, sorgte für große Missbilligung ihres Mannes und ihre ohnehin schon kalte Beziehung war noch weiter abgekühlt. Cissy hatte sich schon längst damit abgefunden, dass sich in dieser Hinsicht nichts mehr bessern würde. Sie war alt und ihre Zeit lief langsam ab. Einzig und allein ein schlechtes Gefühl, man konnte es auch Vorahnung nennen, hatte sie zu ihrem Handeln getrieben. Sie wollte ein Auge auf ihre Enkelkinder haben, ganz besonders auf die naive Imogene. Bereits jetzt überkam sie immer öfter das Gefühl, irgendetweas Wichtiges übersehen zu haben.
“Professor Malfoy? Ein Brief für sie”, riss sie eine Stimme aus den Gedanken und in der Tür stand eine Sechstklässlerin aus Gryffindor. Rose Weasley. Narcissa nahm den Brief dankend entgegen und die Rothaarige verließ das Büro so schnell wie möglich. Scheinbar war diese nicht so begeistert davon, noch eine Malfoy mehr im Schloss zu haben.
Sie lenkte ihren Blick auf den Umschlag, kein Absender. Umso neugieriger öffnete sie den Umschlag und entfaltete den Brief.
Er war von ihrer Schwester Andromeda. Ihr Herzschlag setzte einen Moment lang aus und sie gab sich einem Gefühl von Wehmut hin. Seit fast vierzig Jahren hatte sie nichts mehr von ihrer älteren Schwester gehört. Ihre Gedanken reisten zurück an jenen Tag…
Es war ein kalter Dezembermorgen, es hatte gerade frischen Schnee gegeben. Andromeda und ihr Verlobter Ted standen in der Eingangshalle, ihnen gegenüber ihr Vater. Bellatrix und Narcissa versteckten sich oben auf der Treppe, Bella mit einem argwöhnischen und herablassenden Lächeln und Narcissa sorgenvoll, mit schmerzenden Fingern, weil sie das Geländer so stark umklammerte.
“Ich werde ihn heiraten, ob es euch gefällt oder nicht”, hallte die Stimme Andromedas klar und deutlich von den Wänden wieder. Ihr Blick war entschlossen ebenso ihre Miene. Narcissa sah, wie fest sich ihre Hände mit denen Ted Tonks’ verschränkt hatten, auch er war entschlossen ihren Eltern die Stirn zu bieten, sollte es nötig sein.
Eisige Stille legte sich über die Anwesenden, ehe Druella hysterisch lachte, doch selbst dieser peinliche Versuch die Situation zu entspannen konnte nicht verhindern, was danach geschah. Cygnus Black sah seine Tochter nicht länger als solche an und seine Stimme war bedrohlich leise: “Raus aus meinem Haus.”
Cissy traten Tränen in die Augen und sie sprang auf, doch ihre Schwester Bellatrix hielt sie zurück: “Lass.” Beide wandten sich wieder dem Schauspiel vor ihnen zu. Andromeda sah ihre Eltern mit hoch erhobenem Kopf an: “Ihr werdet eure spießige Haltung nie verlieren, was?”
Die Stimme ihres Vaters hallte von den Wänden wieder, als er das nächste Mal sprach, laut und voller Hass: “Raus aus meinem Haus! Und wage es ja nicht, dich jemals wieder hier blicken zu lassen!”
Andromeda zuckte kurz zusammen und Cissy hörte Ted irgendetwas murmeln, doch ihre Schwester schüttelte den Kopf und richtete sich an ihren Vater: “Ganz wie du wünscht, Vater. Oder sollte ich sagen, Mr. Black? Denn nun scheint es ja so, als wäre ich einst deine Tochter gewesen.” Druella Blacks Miene war kraftlos geworden, doch Cygnus sah mit Abscheu auf das Paar vor sich hinab, ohne noch ein Wort zu sagen. Es war besiegelt. Ein kurzer Blick Andromedas wanderte hoch zur Treppe, als wüsste sie, dass ihre Schwestern dort oben waren und sie beobachteten. Ihre großen braunen Augen wirkten traurig, doch dann wandte sie sich ab und verließ das Haus zusammen mit dem Mann, den sie ein halbes Jahr später heiratete. Sie kam nie wieder zurück.
In den darauffolgenden Jahren hatte Cissy sich immer wieder gewünscht, Andromeda wiederzusehen, doch die Angst vor ihrem Vater war ebenso allgegenwärtig gewesen. Irgendwann war es zur Gewohnheit geworden, immer ein schwaches Gefühl von Vermissen zu verspüren. Und jetzt war es wieder so stark wie nie. Ihre Schwester schrieb etwas von einer Gefahr und dass sie sich dringend treffen sollten. Also hatte nicht nur Andromeda es gespürt.
Cissys Blick glitt wieder zum Fenster. Das Wetter hatte sich noch mehr verdüstert, als würde es ihre Gedanken lesen.
*~*~*
Albus lief ungeduldig auf und ab. In seiner Hand hielt er den Zauberstab fest umklammernd, während sein Blick sich immer wieder auf die Tür bohrte, an der er vorbeikam. Er konnte selbst nicht glauben, dass er auf Scorpius Malfoy und Miranda Fletcher wartete. Er konnte es sich nicht erklären. Doch sein Gefühl sagte ihm, dass es wichtig war, mit ihnen zu sprechen.
Die Tür des Gemeinschaftsraumes von Slytherin schwang auf und ein recht genervt blickender Scorpius trat heraus. Seine Miene wurde noch eine Spur finsterer, als er den Potter erblickte: “Was willst du?”
Al sah den Blonden einen Augenblick lang an und fragte sich selbst, was er eigentlich wollte. Denn er hatte keinen blassen Schimmer. Hinter Scorpius erschien schließlich Miranda Fletcher mit einem Grinsen auf den Lippen, als hätte sie kein Wässerchen zu trüben.
“Ich glaube, es ist soweit und wir müssen die Vereinigung gründen”, kam es über Albus Lippen, bevor er überhaupt auch nur einen Gedanken darüber verschwendet hatte, was er jetzt sagen sollte. Doch seine Worte kamen mit einer solchen Gewissheit über seine Lippen, dass er keinen Zweifel dran hatte, dass sie stimmten.
Scorpius sah den Potter äußerst skeptisch an, doch Miranda weitete die Augen in überraschter Manier: “Du?”
Ein kühles Lächeln lag auf den Lippen des Ravenclaws, der jetzt viel sicherer wirkte, als eben noch und ebenso erwachsener. Scorpius beäugte ihn kritisch, weil er das für seltsam und unmöglich hielt. Möglicherweise spielte ihm sein Gehirn aber auch einen Streich.
Seine Worte waren viel interessanter und Argwohn mischte sich in seine Stimme: “Wovon sprichst du, Potter?” Albus wechselte einen kurzen Blick mit Miranda, welche nur ein süßliches Grinsen zeigte.
“Das wirst du schon noch früh genug erfahren, Scorpius. Ich würde dir nur raten, dass du in Mirandas Nähe bleibst, wenn du nichts verpassen willst”, bemerkte Al ebenso argwöhnisch und mit leichter Arroganz in der Stimme, die man von ihm so gut wie nie zu spüren bekam. Aber es gefiel ihm sichtlich, dass der Malfoy einmal nicht wusste wroum es ging.
Der Blonde verschränkte die Arme vor der Brust, seine ganze Körperhaltung war pure Ablehnung und doch verrieten seine Augen so etwas wie Interesse.
Die Augen eines Malfoys verrieten viel mehr als Gestik und Mimik es jemals könnten, pflegte seine Tante Hermine zu sagen. Es war Al ein Rätsel, wie sie auf so eine Aussage gekommen war, doch er musste ihr insgeheim auch Recht geben. Dann sah der Potter zu Miranda, Wissen blitzte in seinen Augen auf: “Wieso hast du Imogene und Lily verflucht?” Das schallende Lachen der Slytherin hallte von den Wänden wieder, gänzlich triefend vor Spott, ehe sie sich zu einer Antwort durchrang: “Ist das dein Ernst? Nur weil wir mit ihr zusammenarbeiten, heißt das doch nicht, dass ich sie nicht ein bisschen quälen darf.”
Nun schaltete sich Scorpius wieder ein und mit wütender Miene sah er die Fletcher an: “Du hast meiner Schwester das angetan? Ich sollte dich-”
Bevor er dazu kam auszureden, lachte sie nur wieder: “Sie ist längst nicht mehr deine Schwester. Nun..zumindest nicht mehr ganz. Sie wird immer weniger die Imogene Malfoy sein, die du kennst und liebst, mein lieber Scorpius.”
“Miranda!”, zischte Albus harsch, “das ist nicht der richtige Zeitpunkt! Ich denke nur, ihr solltet wissen, dass es von Vorteil für euch wäre, am Samstag um Mitternacht im Uhrenturm aufzutauchen. Wenn ihr zumindest auf der richtigen Seite stehen wollt.”
“Sind wir hier fertig? Ich habe noch weitaus wichtigeres zu tun”, fragte Miranda in übertriebener Ungeduld, ohne dabei die theatralische Geste auszulassen, auf ihre Uhr zu sehen.
“Ich weiß ja nicht, was du als wichtig verstehst, aber sich die Nägel feilen und Jungs anzubaggern würde ich nicht dazu zählen”, spottete der Malfoy um zu verbergen, wie irritiert er war und auch, was Al damit zu tun hatte.
Wie eine Schlange zischte Miranda daraufhin, aber Al fuhr ein weiteres Mal dazwischen, bevor ein Streit ausbrach: “Ich verlasse mich darauf, dass du Scorpius alles weitere erklärst. Ich habe nämlich wirklich Wichtigeres zu tun.” Er nickte den Beiden kurz zu, dann wandte er sich ab und verließ den Gang wieder. Der erste Schritt war getan und er wusste, dass es richtig war.
*~*~*
Die Nacht senkte sich langsam über Hogwarts und mit ihr die Ungewissheit. Imogene saß im Gemeinschaftsraum der Slytherins und hatte ein Buch auf ihrem Schoß liegen. Doch statt es zu lesen, starrte sie in die knisternden Flammen des Kamins, ohne diese wirklich wahrzunehmen. Ihre Gedanken waren weit, weit weg. Immer wieder tauchte sie an Orten auf, von denen sie nicht wusste, wie sie dorthin gekommen war und das machte ihr langsam große Sorgen. In ihrer Kindheit war sie öfter mal schlafgewandelt, aber das hier war etwas Anderes. Es fühlte sich ganz anders an. Es fühlte sich unrein an, als würde Blut auf ihren Händen kleben.
Blut. Ihr eigenes fing an, in ihren Ohren zu rauschen und Panik überkam sie aus heiterem Himmel und ohne ersichtlichen Grund. Ihr Körper wurde von einem Zittern gepackt und sie bekam nur schwer Luft. Adrenalin pulsierte in ihren Adern und trieb sie an, während ihr Blick hektisch den Raum durchquerte. Doch hier war nichts, was ihre Panik erklärte.
“Imogene? Imogene! Ist alles in Ordnung?”, drang die Stimme ihrer Schwester wie aus weiter Ferne an ihr Ohr. Gene blickte auf und sah Aranea mit verschränkten Armen vor sich stehen, einen skeptischen Blick aufgelegt.
Imogene sah ihre Schwester einen Moment lang ausdruckslos an, ehe sie langsam nickte: “Ich war nur...in Gedanken.” Im ersten Augenblick schien Aranea nicht sonderlich überzeugt zu sein, dann aber nickte sie und ließ sich in den Stuhl gegenüber fallen. Imogene wappnete sich für einen Vortrag, der sie überhaupt nicht interessieren würde, denn diesen Blick kannte sie an ihrer Zwillingsschwester sehr gut.
“Wir müssen über den Weihnachtsball reden. Bis dahin ist es nur noch einen Monat und wir müssen absprechen, wen wir als Begleiter mitnehmen”, fing Aranea auch schon an und schien wirklich Feuer und Flamme dafür zu sein. Und Imogene könnte nicht desinteressierter sein. Früher hatte sie diese Veranstaltungen sehr geliebt, aber jetzt hatte sie einfach keinen Kopf dafür.
“Geh doch hin, mit wem du willst”, sagte sie also kühl zu ihrer Schwester und wandte ihren Blick ab, um ihr Desinteresse  nur noch mehr zu signalisieren. Doch so leicht ließ Aranea sich nicht abschütteln. Leider.
“Ich bin sicher, Nathaneal wird sich freuen, dich auf den Ball begleiten zu dürfen”, frohlockte Nea also mit spitzem Unterton und starrte ihre jüngere Schwester unentwegt an. Sie wusste genau, wie sie ihre Aufmerksamkeit bekam, denn prompt wandte Imogene sich zu ihr um.
“Bitte, was?”
“Hat er dir denn nicht geschrieben? Vater hat im letzten Brief vermerkt, dass Nate die Schule wechselt und Anfang Dezember nach Hogwarts kommen wird”, gab Nea ihr zur Antwort und Genugtuung breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Imogene wurde blass. Nein. Das durfte einfach nicht wahr sein! Wenn Albus das rausfand...aber halt, Moment. War doch sowieso egal, denn ihr Verhältnis war eh nicht grade das Beste.
“Was hat er hier zu suchen? Ich will ihn nicht hier haben!”, stieß Imogene zornig hervor und ballte ihre zarten Hände zu Fäusten, Tränen der Wut sammelten sich in ihren Augenwinkel und sie war aufgesprungen. Mit einem lauten Krachen fiel das Buch zu Boden. Die Blicke anderer Slytherinschüler wandten sich zu ihnen um und Imogene errötete etwas und setzte sich kraftlos wieder hin.
“Er ist dein Verlobter, Schwesterherz. Er möchte eben bei dir sein”, kicherte Aranea belustigt und strich sich das blonde Haar aus dem Gesicht, in einer so eleganten Geste, wie es nur eine Malfoy vermochte. Imogene war alles andere als erfreut darüber. Nein, um genau zu sein, war sie regelrecht entsetzt.
“Heirate du ihn doch. Du nimmst dir doch sonst auch alles, was mir gehört”, gab Imogene zurück und sah Aranea mit einem kalten Blick aus ihren blauen Augen an, hinter denen ein Sturm tobte, wie sich niemand es vorstellen konnte. Sie hob das Buch auf und machte sich auf den Weg in ihren Schlafsaal.
“Albus geht übrigens mit Miranda dorthin!”, rief Aranea ihr nach und Imogene schluckte. Ganz große Klasse. Der Ball war schon gelaufen, bevor er überhaupt angefangen hatte.

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