Donnerstag, 12. Juni 2014

Kapitel 17 - What hurts the most



Das Sterben ist bitter, doch der Gedanke sterben zu müssen, ohne gelebt zu haben, ist unerträglich.


Ein tobender Kampf hatte den weissen Schnee rot getränkt, überall sah man Spuren, Einbuchtungen und selbst die Bäume ringsum waren in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Gruppe von Widerstandskämpfern war arg mitgenommen, doch sie lebten alle und sie standen noch.
Lily und Imogene hatten immer wieder versucht, zu Albus durchzudringen, doch dieser schien im Moment ganz und gar von Voldemort verdrängt worden zu sein. Die Rothaarige hatte mehrere Blessuren, eine aufgeplatzte Lippe und zerfetzte Klamotten. So sahen alle ungefähr aus. Fred hatte einen gebrochenen Arm davongetragen, als er Aranea vor einem Angriff geschützt hatte. Auch Narcissa und Andromeda hatten so einiges mitbekommen und der Kreis ihrer Gruppe war geschrumpft. Mitten im Kampf hatte Miranda entschlossen, doch lieber auf der anderen Seite stehen zu wollen und machte ihnen nun zusätzlich das Leben schwer.
Bisher war noch kein Todesfluch gefallen, aber eine bittere Erkenntnis wurde immer klarer. Eine der beiden Seiten musste es tun, sonst würde der Kampf endlos sein. Oder zumindest so lange gehen, bis alle ihr Leben gelassen hatten.
“Wir können nicht nichts tun”, sagte Aranea leise und klammerte sich an Fred, den Blick hoch in seine braunen Augen gerichtet, “wenn wir nicht zuerst angreifen, werden wir alle sterben!”
“Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas geschieht”, sagte er leise und strich ihr eine Haarsträhne aus der Stirn, “aber ich kann auch meinen Cousin nicht töten, bitte versteh das doch.”
Der kurze Moment der Zweisamkeit wurde zerstört, als ein Fluch am Baum neben ihnen abprallte. Fred drückte die Blonde nach unten, damit sie auch ja verschont wurde und schleuderte einen Fluch seinerseits los, ehe er Aranea kurz küsste: “Ich lasse es nicht zu!” Und damit stürzte er wieder zurück in den Kampf. Regungslos starrte die Malfoy ins Geschehen. Das hier war doch sinnlos. Wenn sie ihn nicht vernichteten, würde es kein Ende nehmen. Aber sie verstand auch Fred.
“Selbst ohne Körper ist er mächtiger als vor fünfundzwanzig Jahren!”, rief Narcissa wütend aus, sie verstand es nicht. Es ergab einfach keinen Sinn. Lag es daran, dass Albus so jung war? Ihr Blick wanderte zum Himmel, der Blaue Mond hing in voller Größe über ihnen und hüllte auch die Umgebung in sein bläuliches Licht. Vielleicht übte der Mond schon jetzt seine Macht aus, aber wieso nicht auch auf ihre Seite? Sie sprach einen weiteren Schutzzauber aus, welche mittlerweile beinahe wirkungslos geworden waren. Aber für ein wenig Sicherheit sorgten sie noch und das wollte sie nutzen.
Bellatrix hielt sich aus dem Geschehen raus, zumindest noch. Sie nutzte den Mond aus, der ihrer körperlosen Form nun langsam einen Corpus gab, sie spürte ihre Kräfte wachsen und je stofflicher sie wurde, desto lauter wurde das Lachen, das aus ihrer Brust stieg.
“Wir haben keine Chance”, keuchte Rose und rappelte sich vom Boden aus. Ihr letzter Zauber war nach hinten losgegangen und hatte sie von den Füßen gerissen. Nate half der Weasley hoch, die Stirn in Falten gelegt: “Es sieht wahrlich so aus, als wären wir unterlegen. Doch wir haben keine andere Wahl als zu kämpfen. Geben wir auf, erliegen wir dem Tode.”
“Ich weiß”, erwiderte die Rothaarige knapp und besah sich kurz das Kampffeld. Ihre Seite hatte Voldemort und Miranda zwar umrundet, dennoch schienen sie unantastbar zu sein. Es war frustrierend und es schien so, als würden sie lediglich ihre Energie verschwenden, ohne auch nur die kleinste Auswirkung zu erzielen. Dennoch nahm sie den Kampf ebenso wieder auf, wie Nate es tat.
“Du musst schon still halten, Lily”, sagte Imogene geduldig zu ihrer Freundin, die unruhig herumzappelte und am liebsten sofort wieder losstürzen wollte. Doch die Malfoy bestand darauf, zuerst ihre Verletzung notdürftig zu verbinden, die sie sich eben zugezogen hatte. Ein etwa zauberstablanger Schnitt zog sich über den Arm der Rothaarigen.
“Ich spüre das doch gar nicht”, entgegnete die Potter und behielt das Schlachtfeld im Blick, es war ihr immer noch zutiefst zuwider, den Zauberstab gegen ihren Bruder zu erheben. Doch sie hatte begriffen, dass es nicht anders ging und möglicherweise..konnte sie ihn doch noch retten. Sie musste nur vermeiden zu sterben, bis Albus’ Körper wieder freigegeben war.
“Bist du immer noch in Albus verliebt?”, fragte Lily dann unvermittelt und Imogene lächelte darüber. Die Hufflepuff hatte das Talent, immer in den unpassendsten Situationen so ein Zeug zu fragen.
“Es verging kein Tag, an dem ich es nicht war”, antwortete sie ohne verlegen zu werden und nahm die Hände vom provisorischen Verband, “ich bin sicher, wir können ihn irgendwie befreien.” Sie erhob sich und zog Lily mit sich auf die Beine, ehe sie sich wieder ins Geschehen stürzten.
Scorpius und Adrian standen Kopf an Kopf, die Zauberstäbe erhoben, direkt Albus gegenüber. Oder eher gesagt Voldemort. Synchron schossen sie einen Sprengzauber los, der den Boden unter dem Ravenclaw wegsprengte und ihn aus dem Gleichgewicht brachte. Sodann pfefferte Scorpius einen Fesselzauber hinterher und beförderte den Körper an den nächsten Baum. Einen Augenblick lang herrschte fassungslose Stille auf dem gesamten Hügel. Aranea wagte sich schon fast an Freude heran, doch diese war nur von kurzer Dauer. Ein Strahl aus schwarzem Nebel kam aus dem Jungen hervor und sammelte sich unter dem Mond. Voldemorts Essenz. Abermals versuchten alle mit ihren Zaubern die Neuentstehung zu verhindern, doch Miranda war ihnen ein Fels im Weg und auch so schien es fast wirkungslos zu sein.


Imogene stürzte auf Albus zu, der jetzt den Baumstamm herunter sank: “Al? Albus? Mach die Augen auf, komm schon. Bitte!” Sie nahm sein Gesicht in ihre Hände und stellte erleichtert fest, dass er atmete. Das war ein gutes Zeichen. Sofern hier irgendetwas gut sein konnte.
“Es tut mir so unsagbar leid, dass ich dich mit reingezogen habe, Albus”, flüsterte sie leise, “es ist alles meine Schuld.” Sie wusste nicht, warum sie sich die Schuld an dem ganzen hier gab, aber sie fühlte sich schuldig. Sehr sogar. Als wäre sie es höchstpersönlich gewesen, die alles in die Wege geleitet hatte und in gewisser Weise stimmte es ja auch; es war sie gewesen unter der Kontrolle ihrer eigenen Tante. Wie verkorkst war das denn?
“Gene..bist das du?”, hörte sie seine Stimme plötzlich, leise aber sie hörte es. In diesem Moment rückten die anderen Geschehnisse für sie in weite Ferne und ein Stein in der Größe des Mount Everest fiel ihr vom Herzen.
“Ja..ja, ich bin es und nur ich”, versicherte die Malfoy ihm rasch und strich ihm mit einem missratenen Lächeln den Hemdkragen glatt, “ich bin so froh, dass es dir gut geht.” Tränen tropften auf den weissen Stoff. Trotz der ganzen Situation musste der Pottersprössling lächeln und zog die Blonde an sich: “Wein doch nicht, kleine Lady. Ist doch nochmal gut gegangen.”
Imogene errötete bis in die Haarspitzen, einerseits vor Verlegenheit, andererseits weil sie ihm noch nie so nahe wie jetzt gewesen war. Und zu gerne hätte sie diesen Moment noch etwas länger ausgekostet, doch ihnen fehlte die Zeit und das wusste sie auch. Sie löste sich von Albus und wischte sich über die Augen, dann lächelte sie: “Ja, ist es. Aber es ist noch nicht vorbei. Das wahre Übel fängt erst noch an.”
Sie hielt ihm ihre Hand hin, um ihm auf die Beine zu helfen, eine Sekunde später hörte sie nur den Ausruf eines Todesfluchs. Rasch wandte sie sich um und dann sah sie nur noch einen blonden Haarschopf vor sich, der getroffen zu Boden ging. Eine Sekunde lang stand alles still, eine Sekunde lang realisierte sie es nicht. Und dann tat sie es doch. Ein Schrei, laut und voller Qual zerriss die Stille: “ARANEA! ARANEA!” Sie riss sich aus Albus’ Griff los und stürzte auf den leblosen Körper zu, immer wieder ihren Namen schreiend. Sie durfte nicht tot sein! Nicht sie!
“Du darfst mich nicht verlassen, Nea”, wimmerte sie und drückte sie an sich, “du hast es mir versprochen! Du hast mir versprochen für immer bei mir zu bleiben!” Andromeda erreichte die beiden Mädchen mit unbeweglicher Miene beugte sie sich nach unten.
“Imogene, du musst aus dem Schussfeld”, sagte sie ernst und versuchte das Mädchen hochzuziehen, doch die Malfoy klammerte sich fest an den Leichnahm ihrer Schwester und sträubte sich gegen den Griff. Hinter ihnen ging der erbitterte Kampf weiter, als wäre nichts geschehen und auch Albus hatte sich unter die Kämpfer gemischt.

Scorpius war nicht entgangen, was passiert war, ebenso wenig wie es Fred entgangen war. Beide Jungs gingen mit der Wut und dem Zorn eines Berserkers auf die Fletcher los, die den Todesfluch zu verantworten hatte. Nacheinander schossen sie Flüche auf sie ab und schließlich wurde sie auch von einem getroffen, woraufhin ihr Körper leblos zu Boden sackte.
Zeit für Triumph war nicht viel, denn Bellatrix und Voldemort hatten ihre feste Gestalt jetzt erreicht und gingen ziellos auf die Gruppe los. Wen sie gerade erwischen könnten, erwählten sie als das nächste Opfer, doch es gelang ihnen nicht, sie zu treffen.
Ein weiterer Todesfluch zielte auf Imogene und Andromeda ab, dieses Mal war Narcissa schneller und ließ ihn an einem Schutzzauber abprallen: “Nicht meine Tochter! Andra, bring sie weg!” Ohne zu gucken, ob ihre Schwester ihrer Anweisung nachkam, schickte sie den nächsten Fluch nach. Dieser Kampf schien auswegslos zu sein. Wirklich auswegslos.

Am Ende sind es nicht die Jahre im Leben die zählen, es ist das Leben in den Jahren.



Andromeda packte die Schulter der starren Malfoy, Imogene war fast so regungslos wie der Körper ihrer toten Schwester in ihren Armen, die sie immer noch nicht lösen wollte. Es brach ihr das Herz. Nicht nur, Aranea verloren zu haben, sondern auch der Verlust Imogenes. Ohne noch einen Blick auf das Kampffeld zu richten, disapparierte sie mit den Mädchen zum Eingang von Hogwarts. Zu dem Zeitpunkt rührte sich Imogene wieder, blickte mit einem verklärten Ausdruck in ihren Augen zum Turm hoch und flüsterte leise: “Sieh mal, Schwesterherz. Wir sind wieder in Hogwarts. Sie werden dich wieder aufpeppen.” Sie wollte nicht einmal annehmen, das man nichts mehr für ihre Schwester tun könnte, niemals. Ihr Unterbewusstsein wusste zwar schon seit dem Moment, als sie sie fallen hatte sehen, dass man ihr nicht mehr helfen konnte, aber sie wollte es einfach nicht wahrhaben. Auch als Andra sie dazu anhielt, nach oben in den Krankenflügel zu gehen, trug sie Aranea stur selbst, wenn es auch nicht einfach war. Immerhin war Nea fast zehn Zentimeter größer als sie. Doch niemand könnte sie davon abbringen und so wanderte der kleine Trauerzug still und leise hoch zum Krankenflügel. Das Schloss schien wie ausgestorben zu sein, als wäre es sich darüber im Klaren, dass es jemanden zu betrauern gab. Im Krankenflügel angekommen, flehte Imogene die Heilerin noch eine ganze Weile an, doch bitte etwas zu tun, um Aranea zu helfen, SIE KONNTE DOCH NICHT EINFACH ZUSEHEN UND SIE STERBEN LASSEN, sie schnappte sich die Tränke selbst und las ihre Bezeichnungen durch, wenn DAS PERSONAL SO UNFÄHIG WAR und nichts tat. Andra und die Heilerin ließen sie stillschweigend gewähren, bis Imogene selbst merkte, dass nichts und niemand ihr Aranea zurück bringen konnte. Ab diesem Zeitpunkt saß sie wie zur Säule erstarrt auf einem Bett im Krankenflügel und viel in einen katatonischen Stupor.


Kopflos stürzte Fred ein weiteres Mal auf die Schwarzmagier zu, schrie aus Leibeskräften: “CRUCIO!” Einen Moment lang hatte es tatsächlich den Anschein, als würde er mit dem Fluch etwas ausrichten kann, doch das war nur von kurzer Dauer. Bellatrix schüttelte den Fluch so leicht ab, als wäre es ein Tuch aus Seide und lachte ihr irres Lachen.
“Avada Kedavra!”, kam es aus ihrer Richtung. Fred war zu langsam um auszuweichen. Das nächste Opfer fiel. Lautlos und ohne das Anzeichen einer Verletzung fiel der Körper zu Boden.
Narcissa besah sich das Ausmaß des Kampfes, ihre Brust zog sich schmerzhaft zusammen. Ihre Enkelin war gestorben. Fred Weasley war gestorben. Und auch Adrian Zabini hatte nicht überlebt. Es hatte noch kein Krieg begonnen und doch gab es schon zu viele Opfer zu beklagen. Jeder einzelne von ihnen war zu viel.
Schließlich rief sie die übrig gebliebenen zu sich: “Es reicht. Wir können nichts ausrichten. Wir gehen zurück, es gab genug Opfer.” Lily und Rose waren blass wie die Wand und ihre Gesichter waren nass von Tränen. Auch Al und Scorp waren weiss und sahen aus, als würden sie sich jeden Moment übergeben. Nathaneal wirkte noch am meisten gefasst: “Wenn wir jetzt gehen, dann besteht keine Möglichkeit mehr, es aufzuhalten.”
“Die Möglichkeit besteht auch jetzt nicht mehr. Zurück zur Schule”, ordnete sie an. Fünf Schüler versammelten sich rasch um die Malfoy, die Jungs trugen Fred und Adrian auf ihren Rücken. In einem Moment der Unachtsamkeit disapparierte Narcissa mit ihnen und kam am Tor von Hogwarts wieder an. Das Schloss und seine Umgebung schien all seine Farben verloren zu haben.

Was wir für uns selbst tun stirbt mit uns. Was wir für andere tun und für die Welt ist und bleibt unsterblich.

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